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Ich wollte eigentlich nur kurz Duschen...

  • Autorenbild: Mara Reinders
    Mara Reinders
  • 14. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit
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...es war ein ganz normaler Dienstagmorgen. Also, so normal, wie es eben werden kann, wenn du um 6:04 Uhr von einer zwei Jährigen brüllenden Hyäne geweckt wirst. Die so laut schreit als würde sie gerade bei lebendigen Leibe aufgespießt werden. Und dein Partner verschlafen murmelt: „Ich dachte, du stehst heute auf…“

Klar, ich. Immer ich.


Während ich den Mini-Menschen in die Küche bugsiere, den Toast verbrenne und gleichzeitig eine Socke suche, die nicht aussieht, als hätte sie schon drei Leben hinter sich, denke ich nur an eines: eine Dusche.

Fünf Minuten heißes Wasser. Fünf Minuten Ruhe. Fünf Minuten, um wieder Mensch zu werden.


Spoiler: Es sind nie fünf Minuten.



Das Dusch-Märchen der Mütter



Ich erinnere mich an die Zeit vor dem Kind. Damals war Duschen kein Luxus. Es war einfach Teil des Tages. Ich drehte das Wasser auf, ließ den Dampf aufsteigen, wählte zwischen Mango- oder Kokosduft und summte dabei „Girls Just Wanna Have Fun“.


Heute ist Duschen eine strategische Meisterleistung. Ein logistisches Puzzle aus:

– Wann schläft das Kind?

– Ist der Papa da oder tut er nur so, als würde er arbeiten?

– Kann ich die Badezimmertür abschließen, ohne dass gleich jemand panisch klopft?


Und wenn dann endlich dieser seltene Moment da ist, in dem du glaubst, du könntest einfach mal… atmen, dann passiert es.


Klack.

Das Geräusch kleiner Füße vor der Tür.

„Maaaaamaaaa? Was machst du da drin?“

„Ich dusche!“

„Warum?“


Warum?

Ich starre auf den Duschkopf, überlege kurz, ob das eine tiefere existenzielle Frage ist, und antworte resigniert:

„Weil Mama auch mal sauber sein möchte.“



Kleine Auszeiten, große Illusionen



Ich frage mich oft, warum es uns Müttern so schwerfällt, einfach mal kurz nichts zu tun.

Vielleicht, weil dieses nichts in unserem Alltag gar nicht existiert.

Kaum denken wir: Ich gönn mir jetzt fünf Minuten, fällt jemandem ein, dass er genau jetzt Hunger, Durst oder ein existenzielles Bauklotz-Problem hat.


Manchmal glaube ich, dass Zeit für Mütter eine Art Paralleluniversum ist.

Ein Raum, in dem fünf Minuten nicht fünf Minuten sind, sondern eher 0,7 Sekunden, bevor jemand ruft:

„Mamaaaa, ich muss Pipi!“

Oder, noch schlimmer:

„Mamaaaa, ich hab das Wasser verschüttet… aber nicht schlimm!“


Kleine Auszeiten? Ja, klar.

Aber bitte nur mit schlechtem Gewissen, schlechtem Timing und meistens in Begleitung eines schreienden Kindes hinter der Tür.



Die Romantik der Dusche – in der Theorie



Manche Mütter posten auf Instagram Bilder von dampfenden Schaumbädern, Duftkerzen und dem Hashtag #Selfcare.

Ich liebe diese Bilder. Wirklich.

Aber jedes Mal denke ich:

Wie schaffen die das? Wer bewacht in dieser Zeit den Nachwuchs, der sonst schon bei drei Minuten Ruhe die Revolution ausruft?


Ich habe einmal versucht, das zu imitieren.

Ich zündete eine Kerze an, legte eine Gesichtsmaske auf und ließ mir ein Bad ein.

Nach exakt zwei Minuten stand mein Kind neben der Badewanne und fragte:

„Mama, bist du tot?“


Das war der Moment, in dem ich beschloss, dass Selfcare für Mütter eine ganz eigene Definition braucht.



Selfcare, aber realistisch



Selfcare als Mutter heißt:

– Kaffee trinken, bevor er kalt wird.

-ein Telefonat mit der Freundin (und ja, ich hoffe ihr lest das und wisst, ich Lebe noch!)

– Auf die Toilette gehen, allein.

– Eine Dusche, ohne dass jemand die Zahnpasta an die Wand malt.


Es sind keine großen Gesten.

Es sind diese winzigen Momente, in denen du dich wieder spürst.

Wenn du kurz durchatmest und denkst: Ach, da bin ich ja noch – irgendwo unter der To-do-Liste, den Brotdosen und dem Wäscheberg.


Vielleicht ist das unser neuer Luxus:

Nicht das Wochenende im Spa, sondern ein Moment, in dem niemand was will.



Das Paradox der Mütterruhe



Ich habe neulich mit einer Freundin telefoniert – natürlich während ich gleichzeitig Gemüse schnitt, das Kind bespaßte und versuchte, das Chaos im Wohnzimmer zu ignorieren.

Sie sagte:

„Ich war gestern 20 Minuten spazieren. Allein. Und ich hab fast geweint vor Glück.“


Da wurde mir klar: Wir leben in einer Welt, in der Mütter sich für 20 Minuten Alleinsein schon belohnen müssten.

Wie verrückt ist das bitte?


Wir reden ständig von „Me-Time“, aber wenn sie dann da ist, fühlen wir uns schuldig.

Weil wir das Kind beim Papa lassen.

Weil die Wäsche wartet.

Weil irgendwas in uns flüstert: Du müsstest doch was Produktives tun.


Aber vielleicht ist genau das das Produktivste, was wir tun können – nichts.



Wenn Duschen zur Metapher wird



Neulich stand ich mal wieder unter der Dusche – natürlich nicht allein, sondern mit einem kleinen Beobachter, der neugierig fragte, warum Wasser von oben kommt.

Und während ich da stand, klatschnass und leicht überfordert, dachte ich:

Das ist Mutterschaft in Reinform.

Chaos, Nähe, Überforderung, Liebe – alles gleichzeitig.


Vielleicht geht es gar nicht darum, allein zu duschen.

Vielleicht geht es darum, sich im Alltagswahnsinn kleine Inseln zu bauen.

Auch wenn sie nur drei Minuten dauern.

Auch wenn jemand hinter der Tür „Maaaamaaaa“ ruft.


Denn manchmal ist das Leben mit Kind eben kein Wellnessurlaub – sondern eher ein Survival-Training mit Herz.




Mein Resümee: Die Dusche ist das neue Spa



Ich wollte eigentlich nur kurz duschen.

Aber stattdessen habe ich gelernt, dass Ruhe nicht immer lautlos ist.

Manchmal besteht sie aus kleinen Momenten zwischen Zahnbürsten, Bauklötzen und Chaos.


Und vielleicht, ganz vielleicht, ist das genug.

Zumindest bis zur nächsten Dusche.



Und du? Wann hattest du das letzte Mal fünf Minuten nur für dich – ohne Kind, ohne To-do-Liste, ohne schlechtes Gewissen?

Lass ein Kommentar da – oder, falls du gerade duschst: Lass das Handy lieber draußen.




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